An(ge)dacht – Gedanken zum Monatsspruch November
„Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!“ (Jesaja 5, 20)
Von Pfarrer Christoph Kahlert
Wehe euch! Wehe euch, die ihr so viel Finsternis bringt! Wehe euch, die ihr in ein demokratisches Land mit tausenden Soldaten und mörderischem Kriegsgerät einfallt und so viel Böses tut, so viel abgrundtief Böses! Und das dann auch noch „Befreiung“ von vermeintlichen Nazis nennt, so als würdet ihr Licht bringen und Gutes tun.
„Wehe euch“ möchte ich mit dem Propheten Jesaja rufen, weil mich der Schrecken über Russlands Angriffskrieg in der Ukraine immer noch fassungslos macht. Möchte drohen und diesen biblischen Fluch über so manchen heutigen Machthaber ausrufen.
Und muss doch eingestehen, dass das auch Ausdruck meiner Ohnmacht ist. Dass mir manchmal nur der Fluch bleibt. Der doch heißt: Zieht euch warm an, ihr Verdreher der Wahrheit! Gott wird eines Tages für Gerechtigkeit sorgen und die, die Böses gut und Gutes böse nennen, zur Rechenschaft ziehen. Es ist ein Eingeständnis, dass ich es häufig nicht kann: Mit eigenen Händen für umfassende Gerechtigkeit sorgen.
Und dann ja doch in den kleinen alltäglichen Situationen selbst zu erfahren, wie schwer es ist, Böses auch als solches zu benennen: Böses, Unrecht, eben Dinge, die man nicht tut. Wie schwer es z. B. für Schulkinder ist, gegen die Mehrheit der Mitschüler für das Gute zu streiten und Mobbing Einhalt zu gebieten.
Und in dieses Nachdenken über Gutes und Böses, Licht und Finsternis denke ich an Jesus, der von sich sagt, er sei das Licht des Lebens. Mehr noch: Der Weg, die Wahrheit und das Leben. Der kaum eine Auseinandersetzung gescheut hat und ohne Rücksicht auf (eigene) Verluste das Böse und die Finsternis angeprangert hat. Und dafür die Konsequenzen getragen hat, selbst als er Ziel der Finsternis wurde. Jesus als Gegenbild zu denen, die Böses gut und Gutes böse nennen.
Wenn die Tage nun wieder kürzer werden, wünsche ich Ihnen, dass Sie Gelegenheit finden, von Zeit zu Zeit ein Licht anzuzünden. Dass Sie trotz des bleibenden Unrechts in der Welt für das Licht streiten. Und Sie die Hoffnung erhellt, dass Gott als ewiges Licht sich unsere Weherufe zu Herzen nimmt und dort für Gerechtigkeit sorgt, wo wir es nicht können.